Obwohl ich mir gelegentlich einbilde, daß mich nicht viel überraschen kann werde ich doch so manches mal eines Besseren belehrt.
Ich hab nicht für möglich gehalten, daß die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries ihren eigenen Kollegen mal die Leviten liest und anstatt Volkes stimme spricht. Sie übte in der Höhle des Löwen (sprich: auf dem 57. Deutschen Anwaltstag in Köln) Kritik an der Praxis, Websitebetreiber wegen kleinerer Vergehen mit einer Abmahnung zu bändigen und dabei Abmahnkosten in 4-stelliger Höhe geltend zu machen.
Entdeckt man da plötzlich doch den kleinen Mann / Wähler / Souverän?
Dobschat meinte:
Was für ein Glück für die Menschheit, dass Feuer und das Rad vor Urheberrechten und Patenten erfunden wurden…
Vielleicht würden wir heute dann alle mit solarbetriebenen Luftkissenbooten rumfahren...?
Carsten war nicht der einzige, der mal bei Abgeordneten nachgefragt hat, wie diese zur kommenden Urheberrechtsnovelle stehen. Und er war auch nicht der einzige, der eine Antwort bekommen hat.
Das komische daran ist, daß beide Antworten sich bis auf ein paar kleine Details gleichen. Die Antworten sind sich also nicht ähnlich, sie sind quasi deckungsgleich.
Das noch komischere daran ist, daß die Antworten von Politikern unterschiedlicher Fraktionen kamen. Zum einen kam eine Antwort von Annette Hübinger, CDU Neunkirchen/Saarland, zum anderen von Ortwin Runde von der Hamburger SPD.
Die eigentliche Frage, die sich nun stellt ist: Vom wem stammt dieser Brief im Ursprung und welche Meinung haben die angeschriebenen Politiker selbst? Oder haben sie keine eigene Meinung zum Thema? Dann allerdings würde ich nicht verstehen wie man einem Gesetz, zu dem man keine eigene Meinung hat, zustimmen oder es ablehnen wollte.
Update: Auch Andreas und Marcus haben das Thema zum Thema gemacht.
Fragt eure lokalen Politiker (allen voran die Bundestagsabgeordneten), wie sie zu Gesetzesvorhaben wie der neuen Urheberrechtsnovelle stehen. Carsten hat genau das getan und seine Antwort veröffentlicht. Wenn euch die Antwort nicht gefällt, fragt noch einmal nach. Fragt nach, bis ihr konkrete Aussagen habt. Bleibt sachlich. Wendet euch an die Politiker, die direkt oder indirekt Einfluss nehmen können. Belegt eure Aussagen mit objektiven Gründen. Begreift euch als Chef des Ladens "Deutschland", denn du bist Deutschland .
Warum antwortet man als Politiker(in) auf eine simple Frage zweieinhalb Seiten lang ohne eine konkrete Aussage zur eigenen Position? Damit man später nicht darauf festgenagelt werden kann? Und die Antwort auf eine Email von Carsten kam per Post zurück, nicht etwa per Email.
Im Bezug auf die digitale Demokratie haben unsere Volksvertreter (grob pauschalisiert, ich weiß) noch Nachholbedarf. Das gilt es zu ändern. Aber bitte dringend, denn entscheiden über die digitale Zukunft werden sie jetzt schon - obwohl sie sie nicht begreifen.
Europa lernt dazu. Seit kurzem laden Manuel Barroso, Präsident der Europäischen Kommission, und Margot Wallström, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, alle Europäer zum Meinungsaustausch auf eine neu gegründete Plattform ein.
Im Klartext: Es gibt jetzt ein Forum, mit dem der Bürger einen direkteren Draht in die europäischen Institutionen hat.
Ich wünsche mir, daß es nicht nur Politikmarketing ist. Die EU Führung weiß seit der Ablehnung des Referendums letztes Jahr in mehreren Mitgliedsländern, daß sie ein Problem mit der öffentlichen Wahrnehmung der "EU" (wofür der Begriff in welchem Zusammenhang auch stehen mag) hat. Entweder packt man die Sorgen der Bürger an (dazu muß man wissen, wo den Bürger der Schuh drückt -> Forum), oder man möchte einfach nur das Marketing verbessern um die gleichen Entscheidungen besser verkaufen zu können.
gab es bei der Wahl zum Stadtverbandspräsidenten des Stadtverbands Saarbrücken am 12. März 2006. Im Radio hörte ich morgens noch den Aufruf, man solle doch zur Wahl gehen. Man habe mit viel Aufwand die Direktwahl ermöglicht, nun solle der Bürger doch zeigen, daß er auch abstimmen möchte.
Um ehrlich zu sein, ich habe mit einer solch geringen Wahlbeteiligung gerechnet. Kaum jemand weiß, was ein Stadtverbandspräsident tut. Daß die Kandidaten kaum jemand kennt ist auch nicht gerade förderlich. Worüber sollen die Leute also abstimmen, wenn sie nicht mal genau wissen wen und warum sie einen davon wählen sollen?
Womit ich mal wieder eine Bestätigung für meine These bekam , daß die Menschen in Demokratien vor allem das wählen, was sie kennen. Mehr Publicity, mehr Stimmen.
Eine spontan an dem Tage von mir durchgeführte Umfrage (nicht repräsentativ ) bestätige mein Urteil übrigens...
Franz Müntefehring ist der Meinung, man solle privat vorsorgen um als Rentner nicht in kurzen Hosen dastehen zu müssen. Vor kurzem noch beschwerte sich die Regierung bei ihrem Wahlvieh, daß man doch bitte mehr konsumieren müsse anstatt jeden Euro auf die hohe Kante zu legen.
Was denn nun, sparen für die Rente oder konsumieren für die Wirtschaft? Am besten beides, geht nur eben nicht.
Seitliche Anmerkung des Kommentators: Wenn man's genau betrachtet möchte doch fast jeder als Rentner in kurzen Hosen, also da wo's mächtig warm ist rumstehen, aber das ist eine andere Geschichte...
Heute hat die große Koalition in Berlin besprochen, daß die Rente ab 67 kommt. Stufenweise will man ab 2012 das Renteneintrittsalter erhöhen bis man dann 2029 bei 67 angekommen ist.
Ich denke, das ist erst der Anfang und glaube auch, daß es nicht bei diesem Zeitplan bleibt. Meistens, wie auch dieses mal, wird geschickt verschwiegen, daß die Menschen auch währenddessen immer älter werden. Die Lebenserwartung steigt etwa um einen Monat pro Jahr (bei jetzt geborenen Kindern). Grob hochgerechnet von 2006 bis 2029 steigt also die Lebenserwartung um etwa 2,5 Jahre. Dafür geht man 2 Jahre später in Rente. Was passt hier nicht zusammen?
Und damit es ein richtig rundes Paket wird, hat man auch beschlossen den Rentenbeitrag auf 19,9% anzuheben. Prima, wieder weniger netto in der Tasche. Und man fragt sich in Berlin allen ernstes warum der Konsum nicht wirklich in Gang kommt?